Es stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen es dazu kommen kann, dass der ursprüngliche symbiotische Prozess zwischen Mutter und Kind zu einem gestörten Verhältnis („Trauma der Liebe“) für das Kind werden kann?
Ist eine Mutter selber durch eigene überwältigende Ereignisse in ihrem Leben traumatisiert, oder ist sie schon das Kind einer traumatisierten Mutter, kann sie dem Kind nicht mit ihren gesunden Ich-Anteilen zur Verfügung stehen.
Sie konnte selber bei ihrer Mutter keine stabile und gesunde Bindung aufbauen und erleben. Aus diesem Grund ist sie auch selber nicht in der Lage mit ihrem Kind eine emotionale und haltgebende Bindung aufzubauen. In diesem Fall begegnet die Mutter dem Kind als Ersatz für gesunde Emotionen mit ihren Überlebens-Ich-Anteilen (siehe Prof. Dr. Franz Ruppert) Sie versorgt das Kind funktional umfassend dh. sie sorgt für Essen, Sauberkeit und Kleidung.
Das Kind kann aber darüber hinaus keine liebevollen Gefühle für sich wahrnehmen, an die es sich sicher binden kann. Es versucht in seiner Verzweiflung mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dh. durch Schreien, Unruhe, Schlaflosigkeit und evtl. Nahrungsverweigerung, die Mutter für sich zu gewinnen und die Mauer die es emotional von der Mutter trennt zu überwinden.
Viele Kinder gehen dabei in die Aggression um in irgendeiner Form bei der Mutter anzukommen um aufzufallen und viele Kinder gehen dabei in die Resignation und geben irgendwann auf. Diese Kinder geben sich innerlich auf und sind wie kleine Roboter, die sich an die Wünsche der Bindungspersonen anpassen und das tun, was Eltern von ihnen verlangen. So bekommen diese heranwachsenden Kinder das Gefühl, gerade deswegen geliebt und gesehen zu werden, wenn sie brav und anpassungsfähig sind. Genau dieses Verhalten lässt sich dann später in den Partner-Beziehungen wiederfinden. Da glauben diese Menschen, wenn ich mich aufgebe und mich so verhalte wie mein Partner es will, so kann ich gesehen und geliebt werden. Ein großer Trugschluss und deswegen viele Beziehungen zum Scheitern verurteilt sind.
Für die Menschen in der Umgebung, welche die angestrengten Bemühungen der Mutter wahrnehmen, ist das Verhalten des Kindes unverständlich, und niemand ahnt, dass trotz der guten funktionalen Versorgung das Kind emotionale Not erleidet, da es keinen gesunden symbiotischen Kontakt zur Mutter aufbauen kann.
Wenn alle Bemühungen eines Kindes fehlschlagen, die emotionalen Blockaden der Mutter zu durchbrechen, um sie doch noch für sich zu gewinnen, dann erlebt sich das Kind in seinem Bindungsbedürfnis hilflos, ohnmächtig und bekommt Todesängste. Es erlebt ein „Trauma der Liebe“ (Ruppert 2010). Es kann so zu einer dauerhaften Bindungsstörung im Verhältnis zur Mutter kommen. Weitere Infos dazu siehe unter der Rubrik „Trauma der Liebe“ und „Mehrgenerational Weitergabe von Traumagefühlen“ (Prof. Dr. Franz Ruppert)